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Der Ultra-Wein: 2006 Kaiken Ultra - Cabernet Sauvignon

von weinnase
13. Oktober 2009

2006 Kaiken Ultra - Cabernet Sauvignon
Für den 2006 Kaiken Ultra - Cabernet Sauvignon habe ich gleich mit zweien meiner Gewohnheiten gebrochen. Nämlich erstens hier nur Weine der Preisklasse kleiner 10 Euro vorzustellen. Aber so etwas kann passieren, wenn man es bei der jüngsten Verkostung bei Jacques mit einem solchen Über- oder besser Ultra-Wein zu tun bekommt. Der Agenturinhaber hatte listig eine offene Flasche davon auf den Aktionsverkostungstisch geschmuggelt. Ich war leider etwas spät dran und konnte sozusagen nur noch das Ausstellungsstück erwerben. Und zweitens Weine aus der Rebsorte Cabernet Sauvignon zu kosten.

Seit einiger Zeit versucht sich ja alle Welt, sogar in unseren Breiten, an schweren, barrique-lastigen Rotweinen aus Syrah- oder Cabernet-Reben. Das ist für mich ungefähr so wie italienisches Bier - das geht schlicht und ergreifend gar nicht (sorry, war 2009 noch so). Lasst das bitte die Winzer machen, die was davon verstehen!

A propos Italien: Selbst italienische Rotweine sind immer öfter Cabernets. Und speziell die Neue-Welt-Weine der südlichen Hemisphäre schmecken oft übertrieben nach Holz und schwarzen Johannisbeeren, um mit Gewalt gegen die großen Gewächse aus Bordeaux anzustinken, anstatt die eigenen Stärken zu kultivieren. Solche Cabernets stehen bei mir deshalb eigentlich auf dem Index. Was bin ich im nachhinein froh, dass ich mir gleich zwei Mal einen Ruck gegeben habe ...

Herkunft

Was dem Gourmet der Sternekoch, ist dem Weinfan der Star-Winzer. Aurelio Montes aus Chile hat sich diese Bezeichnung ohne Frage verdient, und zwar nicht durch Allüren und Marketing, sondern durch wirklich erstklassige Weine, mit denen er einen wichtigen Beitrag für den Aufstieg seiner südamerikanischen Heimat in die Liga der Premiumwein produzierenden Länder geleistet hat. Jacques' Weindepot hat einige davon im Stammsortiment.

Für den Kaiken hat Montes einen Ausflug auf die andere Seite der Anden, in die Provinz Mendoza des benachbarten Argentinien, gemacht. Seine Trauben - eine Cuvée aus 90% Cabernet Sauvignon und 10% Malbec - stammen von dort, aus einem Weinberg in 750 m Meereshöhe. Kaiken ist übrigens, so lehrt die wie immer informative Website von Jacques (Link auf den 2018er), nicht etwa der japanische Begriff für Qualitätswein, sondern der Name der Mapuche-Indianer für die patagonische Wildgans, die - wie sinnig - über den Anden zwischen Chile und Argentinien hin und her fliegt. Dieses Detail verrät uns Aurelio Montes auf seinem Etikett, weitere interessante Einzelheiten findet man unter www.kaikenwines.com. Reifen darf der Wein zwölf Monate in französischen Barriques.

Verkostung

Das Resultat ist einfach zum Niederknien. Der Kaiken Ultra hat so gar nichts von den marmeladigen, mit Vanille- und Cassistönen überladenen Neue-Welt-Cabernets, die allerorten opportunistisch imitiert werden, nur um Robert Parker zu gefallen. Was nicht heißt, dass der Wein von Weinkritikern links liegen gelassen wird. Das Internet ist voll von Bewertungen jenseits der 90 Punkte auf der Parker-Skala. Man denkt sich, so viele Experten können nicht irren - und behält recht.

Das beginnt bei Farbe und Bouquet: Der Kaiken Ultra leuchtet im Glas feurig rubinrot, in die Nase steigen dezente, vielschichtige Aromen, die u. a. an Pfeifentabak erinnern. Bei einer Blindprobe hätte ich nie auf einen Cabernet getippt, das Barrique ist allenfalls zu ahnen, und die Frucht entfaltet sich sehr komplex. Im Mund breitet sich ein angenehm samtiges Gefühl aus, verursacht von der sehr gut ausbalancierten Säure, die zwar leicht prickelt, aber trotz des vergleichsweise jugendlichen Alters keinerlei Spitzen zeigt. Allerdings hatte ich den Wein für eine Stunde im Dekanter, das sollte man sich bei so einem Tropfen gönnen.

Der Charakter des Kaiken ist einem spanischen Rioja recht ähnlich, dabei ohne vordergründiges Holz, aber auf jeden Fall mit schönen Röstaromen und einer angenehmen Restsüße. Der runde, komplexe Wohlgeschmack klingt im Mund ewig lange nach. Und trotz der heftigen 14,5 Vol.-% Alkohol ist er erstaunlich bekömmlich.

Ein paar Worte zur Ökologie

Bei Weinen aus der neuen Welt handelt man sich immer schnell die Kritik ein, warum man denn Weine um den halben Globus schippern muss, wenn doch bei uns vor der Haustür so tolle produziert werden. Dazu möchte ich erwidern: Erstens ist dank moderner Containerschifffahrt die Ökobilanz des Transports einer Palette Wein von Argentinien nach Deutschland kaum schlechter als für eine Palette Bier von Warstein nach Hamburg. Und zweitens: Das Bessere ist der Feind des Guten. Es gehört nun mal zu den Annehmlichkeiten der Globalisierung, dass man heutzutage aus allen Ländern dieser Welt das Beste daheim zu kaufen bekommt. Ich bin viel zu sehr Genussmensch, als dass ich dieses Angebot ignorieren könnte.

Beschaffung

Ach ja, der Preis. Ich hatte eingangs ja erwähnt, dass ich diesmal mein Portmonee etwas weiter aufgemacht habe. Für den Kaiken Ultra muss man bei Jacques stolze 13,95 Euro berappen. Angesichts der überragenden Qualität kann man das nur als fair bezeichnen, und der Preis ist seit 12 Jahren stabil. Man bekommt ihn auch bei anderen Händlern, allerdings kaum günstiger.

Dazu passt ...

Der Kaiken ist der perfekte Wein zu Rindersteaks. Das dürfte nicht überraschen, schließlich ist es ein Argentinier, und dort zählen Rindersteaks ja quasi zu den Grundnahrungsmitteln. Für mich war er der Begleiter zu den genialen Rindersteaks mit Balsamico-Schalotten, Kartoffelgratin und Bohnengemüse. Dabei entwickelte sich eine perfekte Harmonie zwischen den süß-säuerlichen Balsamico-Schalotten und der eleganten Säure-Restsüße-Balance des Weins. Ich könnte ihn mir auch zu pikanten asiatischen Gerichten mit dunklem Fleisch, z.B. Curries aus Rind- oder Lammfleisch, vorstellen.

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Kommentare

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